3.9.08

Kerstin allein zu Haus

Das Militär ist im Prinzip ein guter und sicherer Arbeitgeber mit Krankenversicherung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, genug Urlaubstagen im Jahr, die angesammelt werden können. Alle jobbedingten Umzüge werden komplett bezahlt, es gibt eine gute Rente und man kann steuerfrei einkaufen und Einrichtungen wie Bibliothek und Fitness Center kostenlos nutzen.
Doch alle diese Annehmlichkeiten, die gerade in Amerika alles andere als selbstverständlich sind, müssen bezahlt werden. Mit Zeit von der Familie entfernt, gerade wenn es eigentlich am nötigsten wäre zu Hause zu sein.
Um seine Arbeit auch im Falle einer Evakuierung der Base während eines Hurricanes durchführen zu können ist Jon heute Morgen ins Inland abgereist und nun sitze ich hier und warte auf Hanna.

Da ich aber um halb sechs, als er von einem Kollegen abgeholt wurde, sowieso schon mal wach war, konnte ich auch gleich aufstehen, frühstücken - Margitta hatte ganz recht, es läuft einfach besser "mit" - und den mittellangen Lauf in Angriff nehmen.
Mit dynamischen Dehnübungen und fünf Minuten Gehen wärme ich mich auf und laufe um halb sieben los. Was heute mein mittellanger Lauf ist war noch vor ein paar Wochen mein Langer: 12 Meilen oder 19 km stehen auf dem Programm. Heute Abend muss ich Hurricane-Vorbereitungen im Stall treffen, also doch am besten früh morgens laufen.
Ich habe die Strecke so gewählt, dass ich eine große Runde laufe mit vielen Trinkmöglichkeiten und öffentlichen Toiletten unterwegs. Dann brauche ich wenigstens keine Wasserflasche mitzuschleppen.
Mein IPod hat ja schon vor einiger Zeit den Geist aufgegeben, deswegen habe ich meinen alten MP3-Player ausgegraben. Ich dachte schon, der funktioniert auch nicht mehr, aber es fehlt nur das Kabel um ihn mit dem Computer zu verbinden. Muss ich eben die alten Lieder wieder hören. Die erinnern mich an Kalifornien und ich werde immer ganz sehnsüchtig, aber mit Musik läuft es sich doch besser. Jedenfalls habe ich eine wasserdichte Hülle, sogar das Kabel für den Kopfhörer muss man außen einstecken. Da hoffe ich einfach mal, dass das Ding jetzt doch länger hält.
Damit ich es nicht die ganze Zeit in der Hand halten muss trage ich heute mein superluftiges ärmelloses Radlershirt mit Taschen auf dem Rücken. Passt perfekt und ein Gel und Schlüssel kann ich auch noch mitnehmen.
Ich laufe in den Sonnenaufgang, halte oft zum Trinken an, denn es ist warm und schwül aber zum Glück auch windig. Der Wind kühlt mich ein bisschen, aber trotzdem bin ich schon nach wenigen Minuten tropfnass. Nach ein paar Meilen steht mir das Wasser in den Schuhen, aber die Strecke ist schön, teilweise am Indian River entlang und dort sehe ich noch eine andere Läuferin. Es dauert recht lange bis ich sie überholt habe und ich wundere mich, wie flott sie unterwegs ist.
Der Rückweg nach Hause wird mühsam. Ich habe den Forerunner so eingestellt, dass ich nur meinen Puls sehen kann und wie weit ich es noch habe. Mit Zeiten will ich mich mal gar nicht verrückt machen.
Noch zweimal halte ich an Tankstellen an zum Trinken und bin froh, als ich endlich wieder zu Hause bin. Meine Güte, das war ganz schön anstrengend, obwohl ich ziemlich langsam unterwegs war. Das schwüle Wetter macht es eben nicht einfacher.
Dann mein Regenerationsprogramm: Trinken, 15 Minuten Gehen, Gartendusche, statische Dehnübungen.
Die Waage zeigt trotz des vielen Trinkens zwei Kilo weniger an als direkt nach dem Aufstehen. Da sieht man mal, wieviel ich geschwitzt habe!
Mit dem Auto hole ich aus dem nächsten Laden zwei große Säcke Eis, lasse kaltes Wasser in die Badewanne, koche mir einen heißen Kaffee und "genieße" - obenrum warm angezogen und mit einem Apfel, Jogurt und Vollkornkeksen bewaffnet - ein zehnminütiges Eisbad. Ich kann nicht sagen, dass das Spaß macht, aber es hilft unheimlich, die müden Beine zu erfrischen.

Den Rest des Tages verbringe ich bis auf eine kleine Radtour zu Starbucks ganz faul zu Hause. Den Yogakurs schenke ich mir heute mal, denn gleich muss ich noch Sand schüppen, damit mein Brownie es auch bei intensiven Regenfällen einigermaßen trocken hat. Die Hurricane Nacht morgen werde ich auch nicht alleine verbringen, sondern bei meiner Freundin wo auch mein Pferd untergebracht ist, schlafen. Das wäre mir sonst doch ein bisschen zu unheimlich.
Jetzt hoffe ich nur, dass Hanna sich wie vorhergesagt von der "Space Coast" fernhält und keinen Baum auf unser Dach schmeißt. Ich bin ja mal gespannt und freue mich jetzt schon wenn Jon endlich wieder kommt!

7 Kommentare:

Hase hat gesagt…

Puh, das mit Hanna ist aber schon ganz schön gruselig. Ich drücke die Daumen, dass es glimpflich abläuft! Hast du Angst?

Ich weiss genau, was du mit deinem Kalifornien-MP3-Player meinst - ich hab meinen ipod seit dem Umzug auch noch nicht upgedatet, da ich auf meinem neuen Laptop noch keine ITunes habe. Deswegen sind auf meinem ipod auch noch all meine Semur-Lieder..... und die kann ich im Moment gar nicht hören, da werde ich soooo nostalgisch.... ;-)

Anonym hat gesagt…

Dann kuschle dich mal schön bei deiner Freundin ein, so ganz alleine würde ich dieses Unwetter auch nicht erleben wollen. Ich halte dir alle Daumen, dass ihr glimpflich davonkommt ! So ganz alleine ist sowieso nix, gell, auch bei schönem Wetter !

Kathrin hat gesagt…

Das ist ja spannend bei Dir Kerstin. Dann hoffe ich daß ihr das Unwetter gut übersteht, im Übrigen bewundere ich es ungemein, daß Du Dich in eine Eiswanne setzt... Ich wüsste ja nicht mal, aus welchem Laden ich solches bekommen sollte... Außer mal vonj Schöller oder Langnese abgesehen... ;oD

Kerstin hat gesagt…

Zum Glueck sieht es im Moment ganz gut so aus, als wuerde der Sturm weit genug auf dem Meer an uns vorbei ziehen. Auf die Erfahrung kann ich naemlich echt verzichten.

Grosse Sacke voll Eis gibt es hier in jedem Laden und jeder Tankstelle. Das kommt dann normalerweise in die Kuehlbox. Ich finde mich auch ganz schoen mutig mit meinen Eisbaedern, aber es hilft wirklich. Auch wenn ich doch sehr froh bin wenn die 10 Minuten um sind...

Blumenmond hat gesagt…

Bitte für mich zum Mitschreiben... wie weit gehst Du in die Eisbäder? Sag mir bitte, nur bis zu den Oberschenkeln (maximal).

Ansonsten beneide ich Dich zwar häufiger, gerade im Moment bin ich aber froh um gemäßigtes Klima, geb ich zu.

Viel Glück, dass Hanna aufm Wasser bleibt.

Kerstin hat gesagt…

Ich lasse eben die Badewanne halb voll laufen, so dass gerade die Oberschenkel bedeckt sind. Obenrum ziehe ich mich warm an. (Tipp aus der Runners World)
Der Trick ist, sich erst mal reinzusetzen und DANN das Eis nachzukippen. Innerhalb von 10 Minuten ist das aber auch getaut. Irgendwie kommt das Wasser hier nicht besonders kalt aus der Leitung.

Pienznaeschen hat gesagt…

Oberschenkel hin oder her *brrrrrrrrrr* meine Respekt hast Du einmal mehr;)