13.4.08

Peak Performance

Ich merke immer mehr, wie sich das Training seit Anfang des Jahres auszahlt. Mit reduzierter Meilenzahl fühle ich mich stark, schnell und bereit für Boston.
Die normalen Läufe fallen mir schwer, weil ich es nicht mehr gewöhnt bin nur 6 km oder so zu laufen und mich dafür nur schlecht motivieren kann. Aber alle Schlüssel-Workouts – Intervalltraining, Tempo- und lange Läufe – hinterlassen ein einfach geniales Gefühl.
Mein heutiger Sonntagslauf, eine Woche vor dem großen Ereignis nur 21 km lang, bildete da keine Ausnahme.Um 9 Uhr morgens war Fototermin mit allen Boston-Teilnehmern aus unserem Kreis (das waren mehr viel mehr als ich gedacht hätte, aber die meisten schon älter) und da wir schon mal an Ort und Stelle waren, sollte der letzte lange Lauf dann auch gleich auf dem Tropical Trail stattfinden.

Weil ich den schneller laufen wollte und Jon im Moment noch nicht so für lange Strecken trainiert ist, hatten wir wieder das Mountain Bike dabei und er fungierte ein letztes Mal als rollende Versorgungsstation und Kuss-Stopp.
Die anderen Teilnehmer waren entweder schon gelaufen, planten für heute eine Radtour oder wollten nur ganz langsam und gemütlich laufen.
Nach dem letzten Foto machten Jon und ich uns also wie immer alleine auch gleich auf den Weg.
Mein Plan war, auf jeden Fall unter 8:00/Meile (4:57/km) zu bleiben und obwohl wir auf dem Hinweg Gegenwind hatten, gelang mir das schon auf der ersten Hälfte mühelos und hervorragend. Das Wetter war aber auch perfekt, bewölkt, etwa 21 Grad, der Wind nicht besonders stark nur angenehm kühlend und es ging auf Asphalt am schönen Indian River entlang immer geradeaus. Die Strecke ist nicht umsonst eine der beliebsten für lange Läufe und auch Radfahrten und so wurden wir ständig von Rennradlern überholt, die auch alle freundlich grüßten. Läufer trafen wir allerdings keine mehr. Hier wird generell besonders früh morgens gelaufen. Aber überholt hätte uns wohl auch so keiner.

Immer wenn Jon mich fragte wie viele Meilen wir denn schon zurück gelegt hatten war er ganz erstaunt, dass wir schon so weit waren. Ich war eben heute wesentlich flotter unterwegs als sonst auf langen Läufen und so kamen wir auch viel schneller voran.
Nach 10,62 km und 52 Minuten war es Zeit für ein Gel, einen Schluck Wasser, einen Kuss und umzudrehen. Ich dachte noch, wie nett es wäre, einfach die gleiche Strecke geradeaus weiterzulaufen, aber dann hätte ich auf meinen Begleiter verzichten müssen und überhaupt wäre das alles jetzt zu umständlich gewesen.

Wir kehrten also um und nun trat das ein, was allgemein als “negative Splits” bekannt ist.
Ich war ja nun auf dem Rückweg, hatte nur noch knapp über 10 km vor mir und außerdem Rückenwind. Müde war ich nicht, mein Blutzuckerspiegel war dank des Gels hoch, der Adrenalinspiegel dank des Fototermins auch und mein Selbstvertrauen dank lauter positiver Verstärkung von mir selbst und von Jon im Himmel.
Ich: “Do I look fast and mean?”
Jon: “Yes, you do!”
Ich: “Will I run fast next week?”
Jon: “You will, if you run smart.”
Ich: “Will I finish first Brevard (unser County) female?”
Jon: “You sure will.”
Und weiter.
Jon: “You are swinging your arms right.”
Ich: “I’m learning. I have a great coach!” (nämlich ihn!)
Jon: “You can run fast.”
Ich: “I feel so strong.”
Und so ging es immer wieder. Da muss man doch rennen wie der Teufel!
Na gut, ich gebe es zu dass ich zum Ende doch ganz schön kaputt war und froh am Ziel zu sein, aber ich schaffte es, den Halbmarathon schneller als je zuvor im Training zu beenden.
Für den Rückweg hatte ich nur 48:39 gebraucht, was einem 4:39er Schnitt entspricht. Das ist für mich schon ziemlich schnell, schneller als mein geplantes Marathontempo.
Vor jedem Marathon erreiche ich ganz nach Plan diesen Peak, auf dem mir das Laufen einfach unglaublich leicht fällt, ich schneller und schneller werde und mich unheimlich stark fühle.
Das war auch vor dem Space Coast Marathon der Fall, doch da ist mir das Wetter und mein viel zu hohes Anfangstempo in die Quere gekommen.

Boston wird anders! In Boston ist es nie schwül. Es kann zwar warm werden, aber das bin ich von hier ja gewohnt. Normalerweise ist es aber kühl.
Ich werde mir eine Tempotabelle mit meinen Splits ausrechnen lassen und beim Marathon mit mir tragen. Dann muss ich mich nicht nur auf den Forerunner verlassen, sondern kann mein Tempo auch anhand der offiziellen Uhren an jeder Meile und alle 5km überprüfen.
Ich werde NICHT zu schnell losrennen, sondern die ersten 10 Meilen etwas langsamer laufen, die nächsten 10 Meilen etwas flotter und auf den letzten 10 km dann sehen was noch geht.
Ich werde um 13:50 Uhr oder früher im Ziel ankommen, Jon abknutschen und mich dann umgehend betrinken. Ein kleines Bier müsste ja reichen.
Ich werde den Boston Marathon laufen und ich kann es kaum noch abwarten, endlich losrennen zu können. Wenn ich jemand von den um 10 Uhr gestarteten Läufern einholen kann, wäre das natürlich noch besser, aber alleine werde ich bei diesem Marathon nicht laufen müssen.

Ich freu mich schon so!


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wow, Kerstin, Du bist ja ganz schön aufgeregt! ;-)
Aber super drauf. Ich fürchte, unsere Bestzeiten werden nächste Woche wesentlich mehr als nur eine Sekunde auseinander liegen. Das gönne ich Dir aber von ganzem Herzen, weil ich weiß, wie hart Du dafür trainiert hast. Schon allein dafür hast Du meinen vollen Respekt.
Ich wünsche Dir schon heute alles Gute, viel Erfolg und bin sicher, dass es ein Riesen Erlebnis wird für Dich/Euch.

Viele Grüße
Uli

Anonym hat gesagt…

Was soll bei dieser perfekten Form eigentlich noch schief gehen? Du hast alles richtig gemacht und ich bin richtig neidisch auf dein wirklich gutes Training und deine vielen Trainingskilometer. Und natürlich werde ich versuchen den Marathon anzuschauen !

Blumenmond hat gesagt…

Uih, das kribbelt dermaßen in den Füßen, wenn man das liest. Deine Aufregung und positive Anspannung kommt doch sehr gut rüber. Alles Beste wünsche ich Dir und ein super tolles Erlebnis. Kann sein, dass ich das diese Woche noch ein paar Mal schreiben - aber besser doppelt.

Kerstin hat gesagt…

Naja, schiefgehen kann immer alle Moegliche. Immerhin ist so ein Marathon ja kein Spaziergang und nur bedingt planbar.
Aber ich habe ja gelernt und diesmal wird alles gut gehen! Die Berge machen mir schon ein bisschen Sorgen, aber andererseits haben die mir beim Napa Valley Marathon auch nichts ausgemacht, ganz im Gegenteil. Ich bin besonders gut im Bergablaufen!

Uli, laeufst du auch naechste Woche Marathon? Hab ich was verpasst?

Anonym hat gesagt…

Nö, Du hast nichts verpasst. Mir ist nur beim Blick auf Deine M-Bestzeit aufgefallen, dass die um 1 Sekunde besser ist als meine.
Also, hau rein ;-)

Anonym hat gesagt…

Du sprühst geradezu vor Motivation und Spaß! Alleine der Trainingslauf liest sich total spannend. Ich drücke ganz fest die Daumen, obwohl Du die wohl kaum brauchst, so wie Du vorbereitet bist. Ich bin sicher, das wird ein Feuerwerks-Marathon!