22.7.07

Abenteuer im Dschungel

Ein normaler Sonntagsausflug sieht dann bei uns also so aus, dass wir uns einen State Park aussuchen, um das wahre Florida zu erkunden und unseren langen Lauf zu machen.
Heute sollten es 13 Meilen sein und zwar passenderweise im Wekiwa Springs State Park, der neben einen wunderbaren kalten und klaren Quelle auch noch einen 13 Meilen langen Wanderweg besitzt. Genau das Richtige also: Erst durch den Urwald laufen und dann in der Quelle abkuehlen, die den Wekiwa River speist.

Wir liefen ganz langsam und der Weg war vor allem im ersten Teil auch wirklich wunderschoen mit lichtem Laubwald und leicht sandigem, aber nicht zu tiefem Untergrund. Jon lief in gleichmaessigem Tempo vor mir her und ich kam in den Genuss, mir die ganze Zeit seine Laeuferwaden anschauen zu koennen. Lecker!
Ausserdem dachte ich, wie herrlich doch so ein Trail Run ist und wie gut es tut, mal nicht aufs Tempo zu schauen, etliche Runden um den Sportplatz oder in unserer Siedlung zu laufen, sondern einfach nur die Natur zu geniessen. Nicht, dass ich meine Tempo-Laeufe oder Rennen nicht mag, aber heute (und gestern auch schon, als ich eine Stunde im Regen gelaufen bin) konnte ich einfach mal abschalten und meine Gedanken schweifen lassen. Es war auch ausnahmsweise mal nicht zu warm, sondern mit etwa 27 Grad schoen angenehm zum Laufen, zumal wir viel Schatten hatten.
So trabten wir also eine ganze Weile vor uns hin, durch verschiedene Vegetationszonen und auch ein kuerzlich abgebranntes Gebiet, bis sich die Landschaft nach etwa 10 km komplett aenderte. Aus dem lichten Laubwald wurde ploetzlich ein dichter Dschungel mit Palmen jeder Groesse, Bambus und Lianen, undurchdringlich bis auf den schmalen Wanderweg, auf dem wir uns bewegten. Das war also das wahre Florida!
Sehr schoen und schattig, aber mit einem riesigen Nachteil: Grosse, fette Spinnen nutzten die dichte Vegetation, um ihre mannshohen Netze immer direkt quer ueber dem Weg zu bauen. Jon wurde als erster Opfer eines solchen Netzes, in das er nichtsahnend reinrannte. Die bloeden Dinger sah man meist einfach zu spaet.
Von nun an war an gleichmaessiges Laufen nicht mehr zu denken. Mal lief er vorweg, mal ich, mal sahen wir die Netze rechtzeitig und konnten drunter hinweg tauchen oder sie mit einem Stock aus dem Weg raeumen, aber oft genug liefen wir einfach hinein. Die Faeden waren viel dicker als man das so gewohnt ist, klebrig und seltsam gelb. Einfach eklig! Nach einer Weile kamen wir uns vor wie Frodo und Sam im Herrn der Ringe, die von riesigen Spinnennetzen eingefangen wurden, denn wir waren bald total eingesponnen. Baeh! Ab und zu mussten wir auch dicke Spinnen aus unseren Haaren oder vom Koerper entfernen, die sich dort mittragen liessen.
Zum Glueck war wenigstens der Weg hervorragend markiert und wir hatten eine Karte, sodass wir uns wenigstens nicht verlaufen konnten.
Nach etwa acht Meilen kamen wir an einen kleinen Fluss, in dem ich die groebsten Spinnenweben abwaschen konnte. Statt Krokodile kam nur ein aelteres Ehepaar in Kayaks vorbeigepaddelt. Die Frau nannte uns "kids", was ich schon lustig fand, und wunderte sich, wie wir denn hergekommen waren. Unseren Wanderweg kannte sie wohl nicht.
Frisch gewaschen fuehlte ich mich wieder besser, wenn ich nicht ein paar Meter spaeter wieder in das naechste Spinnennetz gelaufen waere. Also alles umsonst!
Das war dann aber auch das letzte, denn die Vegetation aenderte sich wieder - immerhin liefen wir ja eine grosse Runde im Kreis - der Urwald trat zurueck und der Weg wurde so breit, dass wir nebeneinander her laufen konnten.
Kurz bevor wir wieder zurueck zur Quelle kamen, die nun fest in mexikanischer Hand war, fing es an zu regnen und donnern, aber das Gewitter blieb zum Glueck in einiger Entfernung. Trotzdem durften wir nicht ins Wasser, zwei Park Ranger ueberwachten die Meute und passten auf, dass auch ja keiner vom Blitz erschlagen wurde, was ja in Florida keine Seltenheit ist.
Also machten wir uns erstmal ueber unsere mitgebrachten Butterbrote her, schauten uns jede Menge dicke, rauchende Menschen in Bikinis an und wanderten zur Lockerung der Muskeln ein Stueck auf einem hoelzernen Boardwalk durch den Urwald - diesmal ohne Spinnen - bevor das Gewitter endlich soweit nachliess, dass wir abtauchen und den Dreck des Dschungels loswerden konnten. Das Wasser war kalt, aber nicht zu kalt und herrlich erfrischend.
Trotz allem war das ein wunderbarer Ausflug und ein schoener Lauf, auch wenn ich ihn nicht unbedingt wiederholen moechte...

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da sieht man wieder: Alles eine Frage der Relation. Ich finde es auch immer unangenehm in Spinnennetze zu laufen. Nur ist das hier nicht annähernd so extrem wie ich eben las. Muß ja auch nicht!

Anonym hat gesagt…

Ab sofort finde ich die Krabbeltiere die sich hier manchmal an einen hängen oder von den Bäumen fallen lassen gar nicht mehr schlimm.

Befindet Ihr Euch jetzt schon wieder in der Marathonvorbereitung oder dauert das noch etwas?

Kerstin hat gesagt…

Sind ja nur noch 2 Monate bis zum Omaha Marathon.
Den wollen wir langsam und zusammen laufen, denn der ist an unserem Hochzeitstag und ausserdem mit Bergen.
Dafuer will ich dann die Qualifikation fuer Boston beim Space Coast Marathon hier im Ort am 25. November reinholen. Muss ich ja "nur" 3 Minuten schneller laufen als den ersten Marathon, aber am liebsten wuerde ich da schon unter 3:30h laufen.
Wir stecken also mitten im Training.

Und die Spinnen waren wirklich so gross und fies. Wirklich schade, dass ich keine Kamera dabei hatte. Sowas hab ich vorher auch noch nicht gesehen.

Blumenmond hat gesagt…

So, jetzt haste mich... boah ist das eklig. Ich wär schreiend zurück gelaufen. Mal ganz davon abgesehen, dass für mich ja 27° tierisch warm sind aber Spinnen kann ich so gar nicht ab.

Respektvolle Grüße

Anja - Spinnenphobikerin, die gleich bei 16°C laufen geht.

Hase hat gesagt…

Und ich hab wieder ganz angespannt mitgelesen und auf die Schlangen gewartet.... aber es kamen keine. Puh :o)
OK, Spinnen find ich auch nicht gerade kuschelig, aber Schlangen und Krokodile sind viiiiiel schlimmer *insistent nick*.

Kerstin hat gesagt…

Ach, hatte ich die Schlangen ganz vergessen zu erwaehnen?
Nein, war nur ein Witz, Schlangen haben wir AN DEM TAG keine gesehen.
Obwohl mir die sogar lieber gewesen wären, denn die bauen wenigstens keine Netze...

Anonym hat gesagt…

Also die "nur" 3 Minuten denke ich, packst Du locker, wenn nicht ganz und gar widrig Umstände dazwischen funken. Aber ich schätze eher, es wird Deine Traumzeit. Du bist so gut drauf!

Also Spinnen gehören nicht zu meinen Lieblingstieren ;-)) So kleine zuhause fange ich ja in einem Glas uns setze sie in die Blumen, aber große, nö danke. Das hätte ich auch ziemlich ekelig gefunden.